Werner Osterbrink – Wegbereiter und Motor der Städtepartnerschaft
Kurz nach seinem 90. Geburtstag verstarb am 19.06.2025 der Wittichenauer Ehrenbürger Werner Osterbrink. Zu seinem 60. Geburtstag 1995 verlieh der damalige Bürgermeister Udo Popella ihm und Erich-Dieter Walkenhorst die Ehrenbürgerschaft. Und das aus gutem Grund.
Werner Osterbrink war von 1983 bis 1990 ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Bad Honnef. Er war ein Vordenker, Visionär und überzeugter Christ. Und so war es nicht verwunderlich, dass er bereits vor der politischen Wende über die „Aktion Caritas – grenzenlose Nächstenliebe“ Kontakte in die DDR aufbaute. Diese Aktion unterstützte kinderreiche Familien in der DDR und Werner Osterbrink speziell die Familie Ziesch aus Nebelschütz. Gleich bei seinem ersten Besuch in der Lausitz war er begeistert von den Menschen, den sorbischen Traditionen und der mit vielen Kreuzen geschmückten Landschaft.
Vom 3.-9. November 1989 weilte er mit 12 Lehrgangsteilnehmern des Bad Honnefer Katholisch-Sozialen Instituts auf Einladung des dortigen Pfarrers Michael Bresan in Nebelschütz. Dort erlebte er den Mauerfall, ein unvergleichbares, systemveränderndes Ereignis in der deutschen Geschichte. In allen Gesprächen betonte er seine übergroße Freude zur Einigung Deutschlands. Diesen historischen Tag in der DDR zu verbringen und live die Menschen mit ihrer Aufbruchstimmung zu erleben, war für ihn einer der schönsten Momente in seinem schaffensreichen Leben.
In diesen Tagen empfahl Pfarrer Bresan Werner Osterbrink, sich bei der Suche nach einer Städtepartnerschaft an die Stadt Wittichenau zu wenden. In den Monaten zuvor hatte sich die Stadt Bad Honnef auf Grund eines Ratsbeschlusses um entsprechende Städte in der DDR bemüht. Bernau und Prenzlau waren Ziele für eine Findungskommission mit Bürgermeister Osterbrink, Stadtdirektor Dr. Rolf Junker und dem Beigeordneten Norbert Meil, die sich im Januar 1990 auf den Weg nach Wittichenau machten. Die Chemie mit den Wittichenauer Vertretern Herbert Kobalz, Peter Schowtka, Petra und Gerhard Kockert und Gottfried Glaab stimmte und als die Honnefer abends auch noch spontan zum Kappenabend eingeladen wurden, war man sich schnell einig, Wittichenau als Partnerstadt vorzuschlagen. Der Rat folgte diesem Vorschlag mit einem einstimmigen Votum. Der Partnerschaftsvertrag wurde in Bad Honnef im August 1990 und am 26. Mai 1991 in Wittichenau unterzeichnet.
Noch vor den Kommunalwahlen 1990 organisierte Werner Osterbrink kommunalpolitische Seminare in Bad Honnef und Nebelschütz für mehrere Wittichenauer, die bereit waren, künftig kommunalpolitische Verantwortung zu übernehmen.
Das Partnerschaftskomitee Bad Honnef-Wittichenau wurde am 05. Mai 1993 von 26 Mitbürgerinnen und Mitbürgern einschließlich der Vertreter der Bad Honnefer Ratsfraktionen im Ratssaal von Bad Honnef gegründet. Zum 1. Vorsitzenden wurde Alt-Bürgermeister Werner Osterbrink gewählt, der dieses Amt dann – gemeinsam mit dem Vorstand – fast 20 Jahre lang nutzte, insbesondere Strukturprobleme in der Partnerstadt überwinden zu helfen.
Im Mittelpunkt standen dabei die Bemühungen, jungen Schulabgängern aus Wittichenau eine berufliche Ausbildung und Perspektive in Bad Honnef zu vermitteln. In 12 Jahren haben mehr als 100 junge Menschen aus Wittichenau und Umgebung, unter ihnen z. B. Mathias und Doreen Zschorlich sowie Andrea Rösler, die in der damaligen Gärtnerei Weber lernten, auf Vermittlung des Partnerschaftskomitees in Bad Honnef einen Ausbildungsplatz und eine Wohnung gefunden. Nach erfolgreichem Abschluss kehrten die meisten von ihnen in ihre ostsächsische Heimat zurück, wo sie in aller Regel einen Arbeitsplatz fanden. Das gleiche gilt auch für einige junge Leute, die es vorzogen, in Bad Honnef zu bleiben und Familien zu gründen.
Werner Osterbrink war ein „Macher“. Er sah, welche kommunalpolitischen Aufgaben für der Stadt Wittichenau im geeinten Deutschland standen. Auf Initiative von Werner Osterbrink engagierte sich die Bad Honnef AG mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden und heutigen Ehrenbürger Erich-Dieter Walkenhorst bei der Gründung der Energieversorgung Schwarze Elster (kurz: EVSE). Ihre fachliche Expertise und Hilfe bei der technischen Ausstattung verhalfen dem wohl kleinsten Energieunternehmen Deutschlands zu dessen Erfolgsgeschichte. Bis heute arbeiten beide Unternehmen eng zusammen.
Oberste Priorität für eine ausgewogene Stadtentwicklung hatte die Abwasserentsorgung. Auf Empfehlung von Werner Osterbrink wandte sich der damalige Bauamtsleiter Udo Popella gemeinsam mit Bürgermeister Peter Schowtka an das Ingenieurbüro Dieter Hentschel, der bei seinem ersten Besuch in Wittichenau nicht schlecht staunte, als er vor der Grundschule einen Haufen Rohkohle liegen sah, welcher noch in den Keller geschaufelt werden musste. Kopfschüttelnd nahm er sich ein Stück mit und wollte das unbedingt zu Hause zeigen. Mit der Erneuerung der Kanalisation erhielten auch der Marktplatz und die Straßen Wittichenaus ein neues Gesicht. Die Stadt entwickelte sich schnell zu einer Vorzeigekommune, auf die man mit Bewunderung schaute.
Ein weiterer Meilenstein für die Entwicklung der Region war die Gründung des Christlich-Sozialen Bildungswerkes Miltitz e. V. (kurz: CSB). Sein ganzes Leben lang waren Werner Osterbrink christliche Grundwerte wichtig. Mit der Trägerschaft für 11 Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendfarm, Ernährungs- und Kräuterzentrum und unzähligen Projekten hat sich das CSB in der Region zu einem überaus wichtigen Partner entwickelt. Bis ins hohe Alter begleitete Werner Osterbrink als Vorstandsmitglied die Entwicklung und ließ es sich trotz der 650 km Entfernung nicht nehmen, persönlich an den Sitzungen teilzunehmen und reiste per PKW oder Flugzeug an.
Auch sein Engagement in Bad Honnef strahlte bis nach Wittichenau. So wurden im Kunstraum z. B. Ausstellungen des sorbischen Künstlers Jan Paul Nagel und der Wittichenauer Künstler Karl-Heinz Hochstädt und Dieter Wersch gezeigt. Die Stadtbibliotheken von Bad Honnef und Wittichenau tauschten sich Medienbestände aus u.v.m.
Osterbrinks Leben war geprägt vom Engagement für Völkerfreundschaft und für den europäischen Gedanken. Und so war es nicht verwunderlich, dass die Vertreter der Wittichenauer Partnerstädte Tanvald (Tschechien) und Lubomierz (Polen) auch in Bad Honnef immer gern gesehene Gäste waren. Internationale Jugendbegegnungen zwischen Jugendlichen aus Wittichenau, Bad Honnef, Lubomierz und Berck sur Mer, der französischen Partnerstadt von Bad Honnef, führten junge Menschen zusammen und halfen, Vorurteile abzubauen und Freundschaften aufzubauen.
Die Liste der Verdienste von Werner Osterbrink für Wittichenau ist lang. Nicht minder wichtig sind die Freundschaften Wittichenauer und Bad Honnefer Familien, die gemeinsamen Urlaubsfahrten, die Werner Osterbrink jahrelang organisiert hat, seine private Gastfreundschaft, seine offene Art und die unzähligen Gespräche, die immer eine große Bereicherung waren.
Auch Wittichenau profitierte von seinen „Macher“-Qualitäten.
In Dankbarkeit die Freunde und Einwohner der Stadt Wittichenau